Geändert: 8. 8. 2007, 09:17
Pokerspiele
Im Moment drehen ja irgendwie alle am Rad. Ganz Berlin scheint damit beschäftigt, sinnfreie Forderungen zu stellen, um den anderen das Leben möglichst schwer zu machen. Da irgendwie keiner mehr so richtig blickt, wer jetzt was warum und mit wem fordert und fordern kann, versuche ich mich mal an einer kleines Analyse dieses Pokerspiels.
Hauptakteure sind die beiden großen Wahlverlierer, SPD und CDU. Da die CDU im Bundesrat immer mal wieder ihre überragende Kompetenz zur Schau stellt ist leider ein regieren ohne sie außerordentlich schwierig. Sie würden ja ganz gerne auf die SPD verzichten, doch sind die Grünen nicht so doof wie ihnen unterstellt. Die haben nämlich überhaupt keine Lust, sich als billige Kanzlermacher ausgerechnet für Angie die Unfrisierte zu betätigen.
Die SPD würde auch gerne ohne die CDU, wissend das dies beim derzeitigen Bundesrat ein schwieriges Unterfangen für sie wird. Die Bundesratsreform hat die Union ja auch geblockt, meiner Meinung nach mehr aus politischem Größenwahn als aus ernsthaften Bedenken. Irgendwie scheinen die es noch nicht ganz gepeilt zu haben, dass es durchaus möglich ist, bei solch großen Reformvorhaben erst mal die unstrittigen Teile zu verabschieden und den Rest dann nachzubessern. Statt dessen blockiert man sowas lieber gleich ganz, dadurch hat man weiter Munition um dem politischen Gegner Versagen vorwerfen zu können.
Nun ist die SPD bei Leibe nicht ohne Fehler, Schröders Auftritt am Wahlabend ist wohl am besten unter skurril einzuordnen. Dabei hat er gar nicht mal so Unrecht, die CSU will immer eine Extrawurst haben. Die Ideen von einigen SPD-Mitgliedern, die Geschäftsordnung des Bundestages zu ändern, ist jedoch völliger Nonsens. Genauso übrigens wie die Meinung beider Parteien, die stärkste Partei müsste immer den Kanzler stellen.
Nicht nur andere Länder und das EU-Parlament beweisen, das es ganz anders geht. Es gab mal eine rot-gelbe deutsche Bundesregierung, die trotz der stärksten Fraktion CDU regiert hat, natürlich unter größtem Geheul der Schwarzen, das das ja irgendwie nicht sein könnte.
Schröder ist so weit gegangen, das er einen teilweisen Verzicht auf die Kanzlerschaft zumindest angedeutet hat. Die CDU posaunt weiter rum, bevor irgendjemand mit ihr reden darf, muss dieser erst anerkennen, dass Angie in den nächsten 4 Jahren für Schmiergelder und Sozialabbau zuständig ist. Von meiner Seite sieht das ganz so aus, als hätte man in der SPD die Zeichen der Zeit erkannt, während man bei der CDU pokert. Vielleicht sollte mal jemand der SPD sagen, was für ein Blatt die CDU in der Hand hat. Das ist ja öffentlich bekannt, also, here it is:
Wenn die CDU nicht an der Regierung beteiligt ist wird sie im Bundesrat weiter alles blockieren, was ihrem Klientel nicht massive Vorteile bringt. Mit etwas Glück verliert die SPD einige der nächsten Landtagswahlen, was im Bundesrat durchaus wieder zu ausgewogenen Verhältnissen führen kann. Bei einer Mehrheit von nur wenigen Stimmen ist ein Anspruch auf die alleinige Führungsrolle außerordentlich mutig (um nicht zu sagen verblendet), die Aussagen von Müntefering, man wolle Verhandlungen auf gleicher Augenhöhe, sind absolut berechtigt.
Bei einem Pokerspiel schaut man meist dem Gegner ins Gesicht (oder sonstwo auf den Körper), um zu sehen ob er zuckt. Wenn er das tut, blufft er meistens. Die CDU ist nun in der "tollen" Position, das keiner Angies Bluff bemerkt, weil keiner es ertragen kann, sie anzusehen.
Ich denke, die SPD sollte nicht länger tief stapeln, sondern zum Gegenangriff blasen. Dabei sollte man sich aber nicht auf die Haarspaltereien mit der bayrischen Einheitspartei einlassen, sondern vielmehr Bewegung an anderer Stelle zeigen. Wenn Schröder einen Verzicht auf das Kanzleramt schon nicht mehr ausschließt, wie viel Kraft kostet es dann anderen alten Feinden zumindest mal ein Gespräch anzubieten? Auch wenn die SPD es totschweigt, es gibt eindeutig eine linke Mehrheit im Bundestag. Wenn man auch keine Minderheitsregierung mit Duldung der PDS will, so sollte man der CDU doch langsam mal klar machen, das zwar "rot-grün abgewählt ist", die CDU/CSU aber keinesfalls die von den Bürgern bevorzugte Lösung ist. Anhand der Mehrheitsverhältnisse kann man recht deutlich sehen, dass die Bevölkerung eher mehr Sozialstaat als weniger will. Das das ganz andere Probleme aufwirft sei an dieser Stelle zwar erwähnt, aber nicht weiter ausgeführt. Einen Führungsanspruch der CDU kann ich bei diesen Verhältnissen beim Besten willen nicht erkennen.
Der SPD würde es ganz gut zu Gesicht stehen, der CDU recht bald klar zu machen, das ihr Rumgeprolle geistiger Dünnschiss ist. Mit dem Verweis auf die Mehrheitsverhältnisse wäre es sogar denkbar, Schröder selbst in einer großen Koalition für die volle Amtszeit durchzusetzen. Schockierend? Wahlkampftaktisch ungünstig für die CDU-Ministerpräsidenten? Durchaus.
Aber das hier ist kein normales Pokerspiel, und die Karten sind nunmal gemischt. Und wenn es dann gar nicht weitergeht, wird in zwei Jahren eben wieder gewählt. Sollten sich bis dahin erste Erfolge der vergangenen Sozialreformen zeigen wird es für die Union ein äußerst schmerzhaftes Erwachen geben. Vielleicht sind die sich dessen schon jetzt durchaus bewusst und versuchen, Schröder als Kanzler mit aller Macht zu verhindern, um sich den Erfolg anschließend selbst zuschreiben zu können. Immerhin haben sie ja auch mehr oder weniger erfolgreich versucht, das Dosenpfand rot-grün in die Schuhe zu schieben. Die Regierung, die dieses Gesetz seinerzeit verabschiedet hat, wurde jedoch von einem Schwergewicht aus der näheren Umgebung geführt, und hatte eine eher dunkle Farbe.